„Das darf uns nicht auseinanderdividieren!”

„Das darf uns nicht auseinanderdividieren!”. Mit diesem flammenden Appell ging am Freitagabend (6. September) die Veranstaltung der Ökumenischen Erwachsenenbildung Heppenheim und des Katholisch Deutschen Frauenbundes (KDFB) zum Thema Maria 2.0 zu Ende. Als Referentinnen konnten Dr. Jan Turinski, der Leiter des Katholischen Bildungswerks Bergstraße/Odenwald, und Hiltrud Lennert (Diözesanvorsitzende KFDB) Andrea Keber (Nieder-Olm) und Prof. Dr. Dorothea Sattler (Universität Münster) begrüßen, die die Thematik jeweils aus unterschiedlichen, sich jedoch ergänzenden Blickwinkeln betrachteten. Die Frage nach der Rolle der Frau in der Kirche ist, wie Dr. Turinski in seinen einführenden Worten ausführte, kein exklusiv katholische. Auch in den Gliedkirchen der EKD setzte sich die Frauenordination erst seit den späten 1950er Jahren durch, als letzte Gliedkirche stand die evangelisch-lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe erst in den 1990er Jahren Frauen das Ordinationsrecht zu, so der Leiter des Katholischen Bildungswerks. Für den katholischen Bereich verwies Dr. Jan Turinski auf die kirchenrechtlich relevanten Dokumente Inter insignores (1976) und Ordinatio sacerdotalis (1994) die beide der Kirche die Vollmacht absprechen, Frauen weihen zu können. 

Dass diese Schriften die Diskussionen um die Frage nach der Rolle der Frauen in den Strukturen der Kirche jedoch nicht verhindern können, zeigte der persönliche und emotionale Vortrag von Andrea Keber. Die in der Initiative Maria 2.0 aktive Keber schilderte eindrücklich ihre Erlebnisse in ihrer Heimatpfarrei Nieder-Olm. Ausgehend von den Aktionen der Protestbewegung in der Diözese Münster habe man sich auch im Nieder-Olmer Pfarrgemeinderat schnell dazu entschlossen, das Anliegen von Maria 2.0 zu unterstützen. Auch wenn sie, wie sie ausdrücklich betonte, selbst nie nach einem kirchlichen Weiheamt streben würde, stellte sie die provokative Frage, was den verheirateten, aber geweihten Diakon von der sich um die Verkündigung des Evangeliums bemühenden Frau unterscheide und ob die Ausschließung von kirchlichen Weihämtern im 21. Jahrhundert einzig und allein eine Frage des Geschlechts sein dürfe. 

Im Anschluss daran führte Frau Prof. Dr. Sattler aus theologisch-fachwissenschaftlicher Warte in die Thematik ein und setzte sich kritisch mit dem Argument des männlichen “12er-Kreises” sowie der Bezeichnung Maria Magdalenas als “apostala apostolorum” auseinander. Explizit betonte sie, dass der „12er-Kreis“ keineswegs identisch mit dem Kreis der Apostel sei und verwies darauf, dass auch Maria Magdalena als Apostelin bezeichnet wird: „Die Reduzierung der Argumentation auf die Männlichkeit des 12er-Kreises greift deutlich zu kurz und wird auch Mindeststandards des theologisch-wissenschaftlichen Arbeitens nicht gerecht“. In der Bibel, so die Theologin, gebe es keine Stellen, die Frauen ausdrücklich vom Verkündigungsdienst ausschließen. Explizit betonte sie aber, dass bei der Forderung nach der Zulassung von Frauen zu Weiheämtern zwischen Diakonat, Presbyteriat und Episkopat unterschieden werden müsse, denn gerade die Geschichte zeige, dass die Diakonatsweihe von Frauen – im Gegensatz zur Priester- und Bischofsweihe – der katholischen Kirche keineswegs fremd sei: „Im ersten nachchristlichen Jahrtausend hat es durchaus Frauen gegeben, die mit einer liturgischen Sendung zum diakonalen Dienst berufen wurden“. Begründet lag dies, so die Münsteraner Theologieprofessorin, in der Tatsache, dass vielerorts Taufen als Ganzkörpertaufen durchgeführt wurden und dass Frauen in diesem Zusammenhang von Frauen getauft wurden. Grundsätzlich stellte sie auch die Frage in den Raum, wie man den erkennen könne, was Gott von seiner Kirche möchte und ob hierzu auch nicht die „Zeichen der Zeit“ berücksichtigt werden müssen. Denn letztlich sei das oberste Ziel die glaubwürdige und authentische Verkündigung des österlichen Evangeliums – und dies gelte, so Prof. Dr. Sattler, für alle Gläubigen. 

Am Ende einer langen und gut besuchten Veranstaltung blieb das von beiden Referentinnen dezidiert vorgetragene Fazit, dass es eine sachliche und zielführende Diskussion über Maria 2.0 und deren Anliegen braucht, die die Kirche keinesfalls spalten darf und eine positive Antwort auf die Frage, ob Frauen geweiht werden können auch der Ökumene enormen Auftrieb verliehen könne. 

Jan Turinski, 19.09.2019