Adventskalender 2022 – Tür 12

RESONANZ

Ein Spätsommertag in Taizé´: Ich nehme am Abendgebet teil. Ich singe die Lieder mit. Viele sind mir vertraut und was neu für mich ist, übt sich durch die vielen Wiederholungen schnell ein. Die zahlreichen jungen und alten Stimmen aus aller Welt bilden einen wunderbaren Klangteppich. Ich fühle mich getragen und aufgehoben.

Ein Probeabend mit meiner Band: Wir üben ein neues Musikstück aus. Nach vorsichtigem Herantasten an die Melodie, dem Absprechen der Einsätze, vielen Wiederholungen und ein paar Patzern klingt es schon ganz passabel. Jetzt singen und spielen wir es einmal komplett durch. Es klingt wundervoll: harmonisch und dynamisch. Als wir das Lied beendet haben, strahlen wir uns an: Perfekt!

Auf dem Weg in meine Grundschulklasse: Die Kinder erwarten mich an der Zimmertür und stimmen das Lied an, das wir in den letzten Religionsstunden gelernt hatten. Ich habe sofort gute Laune. Ein toller Start in meinen Arbeitstag.

Ein musikalischer Nachmittag in der Demenzgruppe: Wir haben Akkordeon und Gitarre mitgebracht und fangen an, zu musizieren: Alte Volksweisen, Schlager, Kirchenlieder. Zugegeben, nicht ganz mein Geschmack, aber die Männer und Frauen singen aus voller Kehle mit und ihre Augen leuchten. Ganz jung sieht die eine oder der andere jetzt aus.

Das gemeinsame Singen war tatsächlich das, was ich in der strengen Coronazeit am meisten vermisst hatte.

Singen macht einfach glücklich, eröffnet einen Klangraum in mir, verbindet mich mit den anderen und tut mir gut.

Ein ganzer Cocktail an Glückshormonen wird freigesetzt, meine Stresshormone werden abgebaut. Singen stärkt nachweislich die Abwehrkräfte, verbessert meine Merkfähigkeit und Konzentration.

Menschen, die regelmäßig singen sind gesünder und glücklicher, wenn man den Studien Glauben schenkt.

Gleichzeitig ist das laute Preisgeben meiner stimme ein sehr persönlicher, fast intimer Akt, der mir Mut abverlangt.

Ich halte mich an das Glücksgefühl. Das es mir guttut. Dass sich etwas in mir löst. Dass mich die Melodien tragen, aufrütteln und erfreuen. Ich möchte Gott mit meinen Liedern preisen und meinen gesammelten Gefühlen Raum geben. Das geht im Chor genauso gut wie unter der Dusche.

Singen ist mein persönlicher Klangraum, der von unzähligen Melodien erhellt wird.

Singen heißt auch: Gottes Melodie aufnehmen.

Ich werde heute aus voller Kehle singen. Welches Lied wird heute den ganzen Tag in mir klingen?